„Nicht alle Stürme kommen um dein Leben zu (zer-)stören, manche kommen, um dir den Weg frei zu machen.“
Dieses Thema begleitet mich seit ein paar Tagen in vielen Formen.
Samstag Abend war ich bei einem wunderbaren Mantra-Konzert und auch da begegnete mir das Prinzip der Göttin Kali. Kali ist die Göttin des Todes und der Zerstörung, aber (UND) auch der Erneuerung.
Für mich haben diese Tage, da das Thema „Zerstörung“ in mir arbeitete, ein neues Verständnis, einen neuen Blickwinkel gebracht.
Zerstörung ist nicht an sich schlecht. Ich sehe sie negativ, wenn ich daran festhalte, dass etwas sich nicht verändern darf. Und auch Veränderung ist nicht wirklich gut oder schlecht, sie ist einfach. Das Leben ist Veränderung, egal wie abgedroschen das klingen mag.
Letzte Woche sah ich beispielsweise ein Video, in dem ein Architekt voller Freude davon sprach, wie man ein Kriegsgebiet nun wieder aufbauen und die Bausünden der Vergangenheit bereinigen kann. In mir spürte ich eine große Abwehr gegen dieses „Leichenfleddern“, während für mich ein Krieg noch nichtmal geklärt, geschweige denn beendet ist. Ich sah nur die, in meinen Augen, unnütze Zerstörung und spürte ein Verbot an eine Zukunft zu denken. Doch ist das wahr, was ich denke? Hat dieser Architekt wirklich Freude an der Zerstörung, an diesem Krieg, weil er dann wieder aufbauen kann? Oder ist es auch möglich, dass er die Zerstörung genauso unnötig, betrauernswert findet, UND sich einen Wiederaufbau in seinem Sinne wünscht?
Kann ich dazu kommen nicht alles gleich in gute/schlechte Schubladen zu schieben? Kann ich sehen, dass in einem Krieg sehr viel zerstört und dann viel aufgebaut werden wird? Erst einmal ohne die Geschichten darum, davor, danach?
Es fällt mir schwer, sehr schwer. Und doch sehe ich, wieviel leichter es erstens für mich wird: in meinem eigenen Leben zu sein, zu handeln, wenn ich nicht mehr als beobachte, was passiert. Wenn ich nicht alles einordnen muss, verstehen muss, in Kategorien pro/kontra irgendeiner Seite, irgendeines Argumentes, oder sogar meiner eigenen Meinung, bewerte.
Freiheit wahrzunehmen, was ich wahrnehme. Natürlich immer auch aus meinen Erfahrungen heraus, und doch im Kontakt, in der Begegnung mit dem, was ich wahrnehme.
Ich sehe, dass ein Haus, ein Straßenzug, eine Stadt zerstört ist. Ich muss nicht wissen, wer das getan hat, warum und wer mir diese Bilder warum zeigt. Ich nehme die Trümmer wahr. Punkt. Das ist in diesem Moment. Und wenn ich das so beschreibe merke ich, dass in diesem Moment nichtmal Trauer ist, wie ich es am Anfang des Satzes erwartet hatte. In diesem Moment nimmt mein Wesen die kaputten Häuser wahr. Mit wird gerade klar, dass selbst das Wort Zerstörung schon das „Davor“ beinhaltet. Spannend. Und dazu kommt ja noch, dass in diesem Moment sogar die Bilder „nur“ in meinem Kopf sind, …
Ja, das geht jetzt ganz schön weit und tief – und die zentralen Punkte dieser Tage sind für mich:
- Zerstörung ist nicht an sich schlecht, zerstörerisch, beendend. Sie birgt Erneuerung in sich und manchmal ist etwas auch einfach zuende. Und gleichzeitig schließt das Trauern über die Zerstörung von etwas die freudige Erneuerung nicht aus.
- Je mehr ich im Wahrnehmen, nicht in der Bewertung, Einordnung bin, desto freier bin ich.